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Stadtverband Dortmunder Gartenvereine e. V. 

Schulungsfahrt auf den Spuren des Leipziger Kleingartenwesens

Stadtverband Leipzig der Kleingärtner
Bei hochsommerlichem Wetter erreichten wir planmäßig unser erstes Ziel, den „Stadtverband Leipzig der Kleingärtner“. Dort wurden wir vom Vorsitzenden und Geschäftsführer Robby Müller und seinem Stellvertreter sehr gastfreundlich empfangen und mit Kaffee und Kuchen bewirtet.
Kompetent und engagiert referierte Robby Müller über das Leipziger Kleingartenwesen. Erste Erkenntnis: Leipzig hat deutlich mehr Pächter und Gärten als Dortmund, nämlich circa 32.000 Kleingärten mit 206 angeschlossenen Mitgliedsvereinen auf 960 Hektar Fläche. Dabei arbeitet der Stadtverband eng mit der Stadt Leipzig zusammen, die Projekte wie den Bau von Vereinsheimen, Hochwasserschutz und Vereinspflege mit circa 300.000 Euro pro Jahr bezuschusst.
Gemeinschaftliche Projekte für die Vereinsmitglieder haben hier eine große Bedeutung. So gibt es einen Bowlingclub mit 30 Bahnen, eine jährliche Wanderung mit 750 Gartenfreunden inklusive Stempelheft, Baumpflanzaktionen, den Tag des Ehrenamts, eine Vogelschutzlehrstätte und vieles mehr.
Engagement kennzeichnet auch die vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter. So verfügt der Verband über einen Fachberater zur Digitalisierung. Es gibt Kurse zur Wertermittlung, und die Traditionspflege wird sehr großgeschrieben. Wer will, kann im Verbandshaus für einen kleinen Geldbetrag Bodenproben analysieren lassen. Seit 30 Jahren wird für den sehr günstigen Preis von 23 Cent monatlich eine Printausgabe des „Gartenfreunds“ herausgegeben. Die Hefte können ebenso wie diverse Flyer einmal im Monat von den Vorsitzenden der Vereine im Verbandshaus abgeholt werden: So spart man die Portokosten. Chefredakteur Günter, 83 Jahre alt, sorgt dafür, dass alles läuft. Öffentliche Auftritte auf der Haus-Garten-Freizeitmesse, Pflanzenbörsen und der Leipziger Markttag, zahlreiche Verbands- und Vereinsveranstaltungen sowie Feste wie der Tag des Gartens zeugen von den zahlreichen Aktivitäten des Stadtverbands.

Besuch des Kgv. „Kultur“
Nach diesen interessanten Ausführungen checkten wir im Hotel ein.
Robby Müller hatte aber noch eine Überraschung für uns im Ärmel: Im Kleingartenverein „Kultur“ wurden wir anschließend mit einem ausgefallenen Abendessen überrascht. Es gab Spanferkel, Thüringer Bratwurst und selbstgemachten Kartoffel- und Tomatensalat. Sehr lecker! Der Vorsitzende Holger Große und Schatzmeister Frank Ellenberger führten uns in dem 1904 gegründeten Gartenverein herum, in dem es damals auch um die Förderung der Volkskultur und Jugendpflege ging. Der Verein verfügt über 196 Parzellen und wurde mehrfach prämiert, unter anderem 1998 beim Bundeswettbewerb „Gärten im Städtebau“ mit einer Goldmedaille und als Kleingartenanlage des Jahres 2014 und 2016 ebenfalls mit Gold.
Kein Wunder, in dieser Gartenanlage ist vieles besonders. Es gibt 20 Gemüse- beziehungsweise sogenannte „Tafelgärten“, in denen arbeitslose Menschen und Kleingärtner gemeinsam Obst und Gemüse anbauen, das dann an die Tafeln geliefert wird. Weiterhin verfügt der Verein über einen Museumsgarten, eine Vogelvoliere nebst einem Vogellehrpfad, sogenannte „Motto-Gärten“, Bücherhäuser und eine Schnitzwerkstatt. Am Ende des Tages wurde der Dortmunder Vorstand noch von tollen Gastgeschenken überrascht - einer selbstgebauten Vogelvilla und einem Insektenhotel in Form einer Eule. Außerdem gab es Sonnenbrillen für alle. Unser Dank gilt Robby Müller, Holger Große und dem Kgv. „Kultur“.

Bootsfahrt auf der „Weißen Elster“
Da der nächste Tag sehr heiß war, traf es sich gut, dass eine Bootsfahrt durch den Stadthafen Leipzig geplant war. An einer relativ versteckten Anlegestelle starteten wir in einem kleinen Motorboot über den Fluss, begleitet von zahlreichen Kajak-Fahrern, die das gute Wetter für einen Ausflug nutzten. Die Flusslandschaft ist wirklich sehenswert und erinnert mit der Ufervegetation an die Spree. Auch ein Reiher ließ sich blicken. Kein Wunder, dass sie zur Flusslandschaft des Jahres gewählt wurde.
Wir passierten den Stadthafen - früher ein Industriegebiet, heute ein Freizeitidyll und eine angesagte Wohngegend, sozusagen das Venedig der Stadt mit entsprechend hohen Mieten. Die restaurierten Häuser mit großzügigen Balkonen zum Wasser waren damals Fabriken oder dienten als Speicherhäuser für Waren. Die „Weiße Elster“ teilt hier die Stadtteile Schleußig und Plagwitz. Das eindrucksvolle Palmengartenwehr, über das eine Straße führt, steuert den Wasserstand der Elster und schützt die anliegenden Stadtteile vor Überflutung. Die 257 Kilometer lange „Weiße Elster“ entspringt übrigens in Tschechien, fließt durch die Städte Plauen, Gera und Leipzig und mündet anschließend in die Saale. Ein tolles Erlebnis.

Besuch des Kleingartenmuseums Leipzig
Unser nächster Halt war das Kleingartenmuseum, untergebracht in einem hübschen kleinen Haus mit Fachwerkturm. Mit den Exponaten und Hinweisschildern wurde hier die Geschichte des Kleingartenwesens beleuchtet. Der erste Kleingartenverein wurde 1814 in Kappeln an der Schlei gegründet. Ab 1820 konnten sich in den sogenannten Armengärten Familien mit Gemüse versorgen. Am bekanntesten sind die Schrebergärten geworden. Anschließend besichtigten wir den Museumsgarten mit einer Ausstellung sehr hübscher historischer Holzlauben.

Leipziger Innenstadt
Da die Straßenbahn in Leipzig das Verkehrsmittel der Wahl ist, nutzten wir die Gelegenheit, vom Hotel in die City zu fahren, die wirklich sehr sehenswert ist. In der Innenstadt mit der Nikolaikirche, der prachtvollen Thomaskirche und dem Marktplatz mit dem alten Rathaus und den prunkvollen Leipziger Passagen pulsiert das Leben. Die Passagen, Durchgangshöfe und Messehäuser sind liebevoll restauriert. Hier kann man viele wunderschöne Bauten im Stil der Gotik, Renaissance oder Neuzeit bewundern. Überall findet man Straßencafés, einladende Restaurants und kleine Geschäfte. Musikgruppen und Straßenkünstler sorgen für ein interessantes Ambiente. Besonders schön ist es, die beleuchteten Gebäude bei Nacht zu erleben. Höhepunkt des Abends war das Essen im alten Rathaus, einer der schönsten Renaissance-Bauten Deutschlands.

Besuch des Völkerschlachtdenkmals
Ziel des dritten Tags war das Wahrzeichen der Stadt Leipzig, das „Völkerschlachtdenkmal“. Konzipiert vom Leipziger Architekten Clemens Thieme, wurde es 1913 als Nationaldenkmal eingeweiht. Wenn man direkt vor dem aus extrem starkem Granit errichteten Bau steht, fallen einem Begriff wie monumental, uneinnehmbar und erschlagend ein, was durchaus im Sinne des Architekten war, denn das Denkmal sollte Ewigkeitscharakter symbolisieren und orientierte sich an den Bauwerken der Ägypter. Es wurde für 34 Millionen Euro von der Stadt Leipzig aufwendig restauriert, das Wasserbecken für vier Millionen Euro. Das 91 Meter hohe und 300.000 Tonnen schwere Monument verfügt heute zum Glück über zwei Fahrstühle, mit denen man auf die Aussichtsplattform gelangen kann. Von dort hat man einen tollen Rundblick über die Stadt Leipzig und das zum Denkmal gehörige Wasserbecken. Das Völkerschlachtdenkmal erinnert an die Schlacht gegen Napoleon mit 110.000 Gefallenen, die 1813 auf den Feldern Leipzigs ausgetragen wurde. Die Schlacht wurde von Napoleon und den verbündeten Sachsen verloren. Die Schicksalsmasken in der Krypta mit den Totenwächtern sehen schon ziemlich unheimlich aus. Noch kolossaler die vier 9,5 Meter hohen Steinfiguren in der Ruhmeshalle, die für Tapferkeit, Volkskraft, Opferfreudigkeit und Glaubensstärke stehen. Der Blick von oben auf die Ruhmeshalle aus 56 Metern Höhe ist sehr beeindruckend. Bautechnisch eine großartige Leistung, aber es ist nicht unbedingt ein Friedensdenkmal.

Stadtrundfahrt
Dass Leipzig noch weit mehr zu bieten hat, erfuhren wir bei der Stadtrundfahrt. Die Bebauung Leipzigs besteht hauptsächlich aus Gründerzeithäusern, die der Stadt einen besonderen Charme verleihen.
Aufgrund seiner geografischen Lage ist Leipzig die älteste Messestadt Deutschlands. Daneben Universitätsstadt und innovative Kunst- und Kulturstadt. Es verfügt über eine Oper und das Gewandhaus, ein Konzertsaal von Weltruf. Sehenswert ist auch der Zoo mit dem Gondwanaland, einem künstlichen Regenwald. In den Studios des MDR werden Sendungen wie „In aller Freundschaft“ gedreht. Besonders die russische Kirche mit ihrer goldenen Turmspitze, die der Zar 1913 für die gefallenen Soldaten am Völkerschlachtdenkmal errichten ließ, hätte ich mir gerne noch näher angesehen. An dieser Stelle ließe sich noch vieles aufzählen. Leipzig ist auf jeden Fall eine Reise wert.

Die Rückfahrt gestaltete sich leider weniger angenehm. Wir landeten aufgrund einer Massenkarambolage auf der A2 hinter Bielefeld in einer Vollsperrung und kamen erst mit sechs Stunden Verspätung in Dortmund an.

Text und Bilder: Bea Wild