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Stadtverband Dortmunder Gartenvereine e. V. 

Zielgruppengerechte Ansprache - vom Entscheidungsträger
bis zum Nachbarn

Der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde (BDG) hat Ende März in Bonn ein Seminar zur Öffentlichkeitsarbeit mit dem Thema „Zielgruppengerechte Ansprache - vom Entscheidungsträger bis zum Nachbarn“ veranstaltet. 

Begegnung in Bonn: (v.l.) Kerstin Michel und Annemarie Becker-Keiter mit
Dr. Wolfgang Preuß vom BDG-Präsidium.

Eingeladen waren zirka 40 Gartenfreunde aus allen Landesverbänden. Aus dem Landesverband Westfalen und Lippe der Kleingärtner nahmen Annemarie Becker-Keiter (Schriftführerin im Kgv. „Goldener Erntekranz“ Ahlen sowie Kassiererin im Bezirksverband Kreis Warendorf der Kleingärtner) und Kerstin Michel (Gartenfachberaterin im Gv. „Zur Sonnenseite 1926“ sowie Redaktionsmitglied bei Dortmunder Gartenfreund online) teil.

Die Begrüßung und eine Einführung in die Gesamtthematik übernahm Dr. Wolfgang Preuß (Präsidiumsmitglied des BDG), der zugleich als Seminarleiter fungierte. Der Präsident des BDG, Dirk Sielmann, ließ es sich nicht nehmen, ebenfalls an zwei Tagen präsent zu sein.

Herausforderung: Verdrängungsmechanismen

Am Freitag referierten Christiane Eiselt-Sterl (Landschaftsarchitektin und
Gruppenleiterin der Schätzelzwerge - Deutsche Schreberjugend Berlin) und Guido Beneke
(Bundesgeschäftsführer Deutsche Schreberjugend) über die Grundlagen der Kommunikation im Kleingartenwesen. Sie zeigten dabei auf, wie aktuell die Inanspruchnahme von Flächen für benötigte Kindertagesstätten-, Schul- und Wohnungsneubauten in Berlin für die Kleingärten ist.

Die Kleingartenvereine und -verbände würden häufig unterschätzt, hätten aber das Potential, zu einem wichtigen Akteur bei der Transformation zu einer nachhaltigen, lebenswerten Gesellschaft und Umwelt zu werden, hieß es weiter. Dabei stehe von Anfang an das Machen im Vordergrund. Öffentlichkeitsarbeit könne durch das Handeln, das Präsentieren von Ergebnissen und die Öffnung der Kleingärten für Interessierte erreicht werden.

An praxisbezogenen Beispielen wurde anhand einer Projektplanung erläutert, dass
- ein klares Ziel definiert werden muss
- ein Projekt zeitlich begrenzt und vom Tagesgeschäft abzugrenzen ist
- Personal und Budget zu definieren sind


Wichtig dabei ist, dass die Ergebnisse eine nachhaltige Wirkung haben müssen, etwa den Bau eines Igel- und Insektenhotels.

Rheinstrandsiedlung wird nachhaltiger Kleingartenpark

Im Anschluss berichtete Pasquale Lüthin (Vorsitzender/Geschäftsführer des Bezirksverbandes der Gartenfreunde Karlsruhe), wie die Kleingartenanlage Rheinstrandsiedlung in einen offenen, integrierten Kleingartenpark umgewandelt wurde. Dabei war es wichtig, ein steigendes Interesse der Bevölkerung an Nachhaltigkeit, Ökologie und Naturschutz zu wecken, den besonderen Stellenwert von Kleingärten bezüglich Klima, Umwelt und Biodiversität sowie die wachsende Bedeutung für die Gesellschaft aufzuzeigen. Im Vorfeld gab es viele Gespräche mit den Pächtern sowie auch Anwohnern und Nachbarn. Auch die anliegenden Schulen und Kindergärten wurden einbezogen. Die Wünsche und Ziele der Beteiligten wurden zusammengetragen und mit dem Gartenbauamt Karlsruhe und dem Bezirksverband der Gartenfreunde besprochen.

Im Januar 2022 erfolgte der Startschuss für die Realisierung. Das Projekt konnte im Mai 2022 mit folgenden Ergebnissen beendet werden:
- erfolgreicher Wandel zum modernen, zeitgemäßen Kleingartenpark
- offenes Konzept für eine breitere Nutzung und mehr Mitglieder
- gesteigerte Attraktivität für Pächter, Anwohner und Besucher
- hohe Integration und Einbindung in die Nachbarschaft und ins städtische Umfeld
- neue Funktionalitäten, Lehr- und Informationselemente
- aktiver Beitrag zu Stadtklima und Biodiversität
- Möglichkeiten zu Interaktion und Naherholung
- eine hohe Signal- und Symbolwirkung, sehr positives Feedback von den Beteiligten (Pächter, Anwohner, Schulen und Kindergärten)

Im November 2022 wurde im Rahmen des Bundeswettbewerbs „Gärten im Städtebau“ der Kleingartenanlage Rheinstrandsiedlung die Goldmedaille verliehen.

Kommunikation im Kleingartenwesen

Der Samstag begann mit einem Vortrag von Holger Baum (Strategieberater Kommunikation und PR, ehemaliger Geschäftsführer der Media Company - Bonn) zum Thema „Grundlagen der Presse und Medienarbeit“. Es wurden der Unterschied von Medien und Presse erläutert und der Umgang sowie die Kommunikation mit ihnen beleuchtet und anhand von Praxistipps untermauert. Hilfreich waren ebenfalls die Hinweise, wie eine Pressemitteilung aufgebaut sein sollte.

Hierbei helfen die sieben W-Fragen:
- Was ist passiert?
- Wann ist was geschehen?
- Wer hat was gesagt?
- Wo ist was geschehen?
- Wie ist was geschehen?
- Warum beziehungsweise wozu?
- Woher kommt die Quelle?

Der soziale Wandel in Kleingartenvereinen

Weiter ging es mit einem spannenden Vortrag von Dr. Birthe Tahmaz (Programmleiterin im Stifterverband, Berlin) zum Thema „Die Zukunft zivilgesellschaftlichen Engagements“. Anhand einer aktuellen Studie wurden die drei Kernveränderungen in der organisierten Zivilgesellschaft hervorgehoben, die strukturelle Veränderungen erforderlich machen. Zu den Ergebnissen der Analyse zählen, dass weniger Organisationen von Zuwächsen in den Mitgliederzahlen berichten, dass zweitens mehr Organisationen als in den Jahren 2012 und 2016 von rückläufigem Engagement berichten und dass drittens sich eine Veränderung des Rollenverständnisses abzeichnet: weg von einer Dominanz der Mitgliederorganisation hin zu Impulsgebern für sozialen Wandel.

Schlussfolgernd für die Zukunft von Kleingartenvereinen bedeutet dies:
- Sie leisten viel und Großartiges
- Sie sollten diverser werden, um dadurch neue Mitglieder und Engagierte zu gewinnen
- Die nächste Generation: Neue Vorstände durch aktives Erleben und schrittweises Kennenlernen der Aufgaben einarbeiten
- Gesellschaftliche Themen sollten bedient werden, um Mitglieder zugewinnen

Maßnahmen zum sozialen Wandel in Bayern

In dem Vortrag von Jörg Schnöring (Vorstand im Kleingartenverein NW 18, München) zum Thema „Mitglieder sind unsere Stärke - Überzeugungsarbeit im Verein am Beispiel - Ökologische Aufwertung der eigenen Kleingartenanlage“ berichtete der Referent, dass der Verein 2006 in drei Gruppen geteilt war: Vorstandschaft, einige wenige Unterstützer und Mitglieder. Es gab kein echtes Vereinsleben.

Der neue Vorstand hatte sich daher 2008 diese Ziele gesetzt:
- ein funktionierendes Vereinswesen schaffen
- die Mitglieder sollen sich ihres Vereins bewusst werden
- wertschätzende Umgangsformen etablieren
- Gleichbehandlung aller Mitglieder
- Öffnung des Vereins nach außen

Im Rahmen des Projekts „Bayern blüht“ erfolgte eine Umgestaltung. Vorab wurden alle Vereinsmitglieder in einem Schreiben sowie durch Flyer über die Errichtung eines Lehrpfads und von Minibiotopen informiert und gebeten, sich an den Gemeinschaftsarbeiten zu beteiligen. Der Erfolg der Naturgartenzertifizierung (Übergabe durch Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber im Mai 2022) war für die Vereinsmitglieder ein großer Ansporn, am Landeswettbewerb 2021 teilzunehmen. Hierfür erhielten sie die Goldmedaille. Durch das weitere große Engagement und die Beteiligung am Bundeswettbewerb erhielt der Kleingartenverein im November 2022 in Berlin ebenfalls die Goldmedaille.

Der Verein kann heute mit Stolz vorweisen, dass
- es eine gemischte Altersstruktur gibt
- zirka 35 Prozent der Vereinsmitglieder einen Migrationshintergrund haben
- es einen großen Bekanntheitsgrad des Vereins im Stadtteil durch Vereinsfeste gibt
- die Gemeinschaftsstunden in kleinen Gruppen stattfinden und sich die Mitglieder kennen
- die Mitglieder auf ihren Verein stolz sind
- eine Signalwirkung auf andere Vereine und Organisationen entstanden ist

Angenehmer Ausklang und fruchtbares Ende

Am Samstagnachmittag erfolgte ein gemeinsamer Besuch im Haus der Geschichte in Bonn mit einer Führung. Bei einem gemütlichen Abendessen im Restaurant Ambeli konnten sich alle Seminarteilnehmer gemeinsam austauschen und den Abend ausklingen lassen.

Der letzte Seminartag begann mit einem Vortag von Guido Beneke (Bundesgeschäftsführer Deutsche Schreberjugend) zum Thema „Lobbyarbeit und Netzwerkpflege im öffentlichen/politischen Raum“. Für die erfolgreiche Umsetzung von Lobbyarbeit ist es erforderlich, sich Ziele zu setzen.

Hierzu kann man sich an der SMART-Formel orientieren:
- spezifisch
- messbar
- attraktiv
- realistisch
- und terminiert

Daraus ergeben sich viele Fragestellungen, zum Beispiel was sind die Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung unserer Arbeit oder welche Akteure aus Politik und der Öffentlichkeit begegnen uns. In jedem Fall ist es wichtig, miteinander zu sprechen.

Fazit: Gemeinschaft & Kommunikation sind Schlüsselkompetenzen

Zusammenfassend kann man sagen, dass unsere Gartenmitglieder unsere Stärke sind. Das Miteinander sollte immer auf Augenhöhe erfolgen. Durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit können wir auf uns aufmerksam machen, um dadurch auch neue Mitglieder zu gewinnen, damit unsere Zukunft gesichert ist. Es konnten viele neue Kontakte geknüpft werden, und es gab einen interessanten Austausch. An alle Organisatoren ist daher ein großes Dankeschön gerichtet, dass es ein so erfolgreiches Seminar in Bonn war.

Text und Foto: Kerstin Michel