Stadtverband Dortmunder Gartenvereine e. V.
GV. „Schnettkerbrücke“
Neugierig auf den doppelten Preisträger: Ein Streifzug
durch die Anlage
Den Gartenverein, der im Jahr 2022 gleichzeitig zwei Preise erringen konnte (1. Platz „Ökologische Vielfalt“ und 3. Platz „Goldener Spaten“), wollte ich gerne mal kennenlernen. Und so verabredete ich mich mit dem Vorsitzenden Wolfgang Heidl zu einem Rundgang.
Das Gelände liegt etwas abgelegen zwischen den Studentenwohnheimen der Uni und der Schnettkerbrücke. Es ist nur über eine unscheinbare Stichstraße zu erreichen. Von der runden Holzterrasse des kleinen, aber schmucken Vereinsheims aus hat man einen fantastischen Rundblick auf den alten Teil der in einem Talkessel gelegenen Anlage. Im Hintergrund erkennt man die runden Bögen der Schnettkerbrücke.
Das Prinzip des Gartenvereins ist Individualität.
Bei den sehr unterschiedlich geschnittenen Grundstücken sind weder Zäune noch spezielles Begleitgrün vorgegeben. Der Hauptweg mündet am Ende des Vereinsgeländes in einer Art Niemandsland, das vollständig der Natur überlassen wurde und sich inzwischen zu einem Paradies für Vögel entwickelt hat.
Der Grund dafür ist in der Historie zu finden, aber dazu später.
Hier befindet sich eingezäunt auch eine vorbildliche Kompostieranlage, die von einem Gartenfreund betreut wird. Linker Hand an den Hängen gelegen haben drei Imker mit zahlreichen Bienenstöcken auf dem Grundstück einer alten Streuobstwiese, dem sogenannten Appelkamp, ihr Domizil gefunden. In der Gartenlaube haben sie dort die Möglichkeit, ihren Honig zu verarbeiten, der sich bei den Pächtern großer Beliebtheit erfreut.
Ein liebevoll in Eigenleistung ausgebauter Bauwagen dient als Büro und Logistikwagen des Vorstands. In einem Container werden die Maschinen gelagert. Dass diese im Jahr 1948 gegründete Anlage heute noch existiert, ist nicht selbstverständlich. Der Gartenverein hat in den vergangenen Jahren einige Schicksalsschläge erleiden müssen.
Der Gv. „Schnettkerbrücke“ mit ursprünglich 64 Gärten, heute insgesamt 31 (Altanlage 22, Neuanlage 9), musste zunächst die Bauarbeiten wegen des Ausbaus der B1 über sich ergehen lassen. In einer Bauzeit von zehn Jahren wurde unter anderem der Rüpingsbach verrohrt und eine ein Meter dicke Gasleitung umgelegt. Es gab Lärm und Schmutz, und die Anlage musste Federn lassen: Fünf Gärten wurden um ein Drittel verkleinert, acht mussten dauerhaft aufgegeben werden und der neuen Schnettkerbrücke weichen. Alter Baumbestand wurde gerodet.
Nachdem 2008 mit viel Eigenleistung die betroffenen Parzellen und die Anlage wieder in einen vorzeigbaren Zustand versetzt worden waren, geschah das große Unglück. Der Jahrhundertregen am 26. Juli 2008 flutete das ganze Tal. Das Wasser stieg sieben Meter hoch. Tonnenweise Schlamm und Geröll von der im Bau befindlichen B1 flossen in die Gartenanlage und verursachten metertiefe Ausspülungen an den Wegen. Alle Gärten waren betroffen, alle Wege unpassierbar, viele Gärten dauerhaft zerstört, viele Lauben einsturzgefährdet.
Aber die verzweifelten Gartenfreunde ließen sich nicht entmutigen. Gemeinsam schulterte man drei Jahre lang die beschwerlichen Aufräum- und Entsorgungsarbeiten, die Wiederherstellung der Wasser- und Stromversorgung und des Wegenetzes, das heute durch seine Pflasterung besticht. Unterstützt wurden sie dabei vom Stadtverband, von Sponsoren und Spendengeldern, ohne die der Rück- und Neubau nicht möglich gewesen wäre.
Nach den gewaltigen Überschwemmungen wurde der untere Teil vollständig aufgegeben. Neun Gartenfreunde erhielten auf einem ehemaligen Acker 2009 mit Hilfe des Stadtverbands Dortmunder Gartenvereine die Möglichkeit zu einem Neuanfang. Der Stadtverband ließ schmucke neue Holzlauben auf unterschiedlich großen Parzellen errichten, die erst vermietet wurden und schließlich zum Restwert von den Gartenfreunden gekauft werden konnten.
Neben den Aufräumarbeiten im alten Teil der Anlage mussten von den Pächtern mit großem Aufwand auch hier wieder Wasser- und Stromleitungen sowie Wege installiert und Bäume, Büsche, Blumen sowie Gemüsepflanzen neu gepflanzt werden. Jeder Pächter konnte sein eigenes Konzept für seinen Garten entwickeln, was einerseits viel Spaß machte, andererseits aber auch sehr viel Arbeit bedeutete. Das war wiederum eine große Herausforderung für alle. Zwischen beiden Anlagenteilen wurde ein Spielplatz gebaut als Symbol der Einheit.
Inzwischen ist das Grün in den neuen Gärten gewachsen. Sie sehen ansprechend, gepflegt und gemütlich aus. Der nach ökologischen Gesichtspunkten und mit viel Fantasie angelegte Garten von Wolfgang Heidl überzeugt mit biologischer Vielfalt und Kreativität.
Während der ursprüngliche Teil etwas abgeschieden ein Dornröschen-Dasein fristet und selten von Besuchern aufgesucht wird, hat man im oberen offenen Teil häufiger mit Vandalismus-Problemen zu kämpfen. Trauriger Höhepunkt war die Zerstörung des Stromverteilungskastens, was Kosten von 4000 Euro verursachte. Dazu nehmen Mountainbike-Fahrer und Hundebesitzer oft nicht genug Rücksicht.
Dass sich die Gartenfreunde trotz aller Probleme nicht haben entmutigen lassen und alles so toll in Schuss bringen konnten, verdient unseren Respekt. Ich wünsche allen Pächtern, dass sie ihre Gärten in Zukunft ohne Störungen bewirtschaften und genießen können.
Fotos und Text
Bea Wild