Kleingartenirrtümer (Teil I): Besitz- oder Pachtverhältnis?
Im Austausch mit Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern bekommen wir oft Rückmeldung, dass das Bundeskleingartengesetz (BKleingG) nicht mehr zeitgemäß sei und reformiert werden solle. Auch durch die Regeln der Satzung fühlen sich einige oft eingeengt. Dabei sind es häufig nicht die Regularien, sondern lediglich Fehlinformationen, die für falsche Erwartungen sorgen. In diesem Artikel räumen wir mit verbreiteten Kleingartenirrtümern rund um die Themen Besitzanspruch und Pachtverhältnis auf.
Vorab: Regeln gibt es überall
Ob beim Abschluss eines Mietvertrages, wenn wir eine Wohnung bewohnen, im Straßenverkehr, im Arbeitsleben oder beim Sport. Überall, wo Menschen zusammenleben, gelten Regeln und Gesetze. Als Pächter und Pächterinnen eines Kleingartens sind wir Teil einer Gemeinschaft. Für ein angenehmes Miteinander im Verein und eine kollegiale Nachbarschaft in der Anlage brauchen wir also ebenfalls Regeln. Diese liefern das BKleingG sowie die Satzung und sind dabei nicht einmal die strengsten. Im Fokus steht schließlich der Spaß am Kleingarten.
Irrtum Nr. 1:
„Das ist mein Kleingarten! Den habe ich meinem Vorgänger abgekauft!“
Das ist nicht möglich, denn einen Kleingarten kann man nicht kaufen. Kleingartenland ist Pachtland. Die Summe, die bei der Übernahme einer Parzelle an den Vorgänger entrichtet wird, ist lediglich eine Entschädigung. Sie kompensiert den Wert der zurückgelassenen Objekte. Das ist in der Regel eine Laube und der Aufwuchs. Hinzu kommen häufig weitere Einrichtungen, zum Beispiel Wege, Komposte oder Einfriedungen. Den genauen Wert bestimmt ein geprüfter Wertermittler.
Irrtum Nr. 2:
„Eine Wertermittlung brauche ich nicht! Ich verkaufe an den Höchstbietenden.“
Die Entschädigung für alle hinterlassenen und bewertbaren Einrichtungen ist nur über eine Wertermittlung möglich. Das Kleingartenwesen zeichnet sich durch seine soziale Verträglichkeit aus. Die Objekte und Einrichtungen auf der Parzelle gewinnorientiert zu verkaufen, steht der sozialen Verträglichkeit entgegen. In den Richtlinien zur Wertermittlung, Auflage 2013, S. 5, heißt es dazu:
„Mit der Ermittlung der angemessenen Entschädigung nach den Richtlinien erfüllt die als kleingärtnerisch gemeinnützig anerkannte Organisation (Zwischenpächter, Verwalter) ihre Satzungsaufgabe und die ihr gesetzlich zugewiesenen Kontrollfunktionen zur Vermeidung ungerechtfertigter Gewinnerzielung und Erhaltung des sozialen Charakters des Kleingartenwesens (BGH Urteil vom 3.4.1987 in NJW 87 Seite 2865).“
Einen Kleingarten zu übernehmen, muss erschwinglich bleiben. Der ehemalige Pächter übergibt die gekündigte Parzelle nach Beendigung des Pachtverhältnisses an den Vorstand des Vereins (im Zitat als „Zwischenpächter, Verwalter“ bezeichnet). Vom Vorstand kann die Parzelle nun einem Nachfolgepächter zugewiesen werden. So ist ein einheitlicher und fairer Ablauf sicher.
Irrtum Nr. 3:
„Das ist mein Garten. Ich kann hier machen, was ich möchte!“
Ein Kleingarten ist ein Pachtgarten, der kleingärtnerisch genutzt werden darf und für dessen Nutzung eine Pacht anfällt. Damit ist die Parzelle jedoch kein Eigentum.
„Ein Kleingarten ist ein Garten, der dem Kleingärtner zur nichterwerbsmäßigen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf und zur Erholung dient [...].“ (BKleingG, § 1 Begriffbestimmungen)
Kleingärtnerinnen und Kleingärtner gehen dabei zwei wichtige Rechtsverhältnisse ein: Zum einen als Vereinsmitglied gegenüber der Satzung und den Vereinsbeschlüssen. Zum anderen als Unterpächter gegenüber dem Pachtvertrag und der Gartenordnung.
Der Verpächter kann bei Zuwiderhandlung von folgenden Maßnahmen Gebrauch machen:
- Aberkennung der Gemeinnützigkeit
- Verpflichtung zum Rückbau des Geländes
- Erhöhung der Pacht
- Wegfall des Bestandsschutzes
Die Vorschriften einzuhalten und den Vorstand – wenn nötig – in Angelegenheiten einzubeziehen, sind nicht nur per Vertrag und Gesetz bindend, sondern immer auch hinsichtlich eines friedvollen Zusammenlebens förderlich. Denn letzten Endes geht es genau darum.
Irrtum Nr. 4:
„Ich zahle die Pacht & sonst nichts!“
Zusätzlich zur Gartenpacht zieht der Verein einen Beitrag ein. Das ist wichtig und notwendig, denn die Verwaltung in Vereinsangelegenheiten kostet Geld. Darunter sind nicht nur Aufwendungen für das zuständige Personal, sondern auch Materialkosten und Ausgaben für externe Dienstleister. So kommen anteilige Lohnkosten für die Pflege der Anlage hinzu, wenn diese nicht durch die Gartengemeinschaft erledigt werden. Diese beispielhafte Liste veranschaulicht die Arten möglicher Ausgaben, ist jedoch nicht vollständig*:
- Kosten für die Parzellenverwaltung
- Abschluss von Einzelpachtverträgen
- Abwicklung von beendeten Pachtverhältnissen
- Organisation der Wertermittlung
- Feststellung von Wasser- & Stromverbrauch
- Rechnungsstellung
- Organisation der Gemeinschaftsarbeit für die Unterhaltung der Anlage
- Abwicklung von Schadensfällen mit der Versicherung
- Beiträge an den übergeordneten Verband
- Kosten für die Versicherung der Gartenlaube
- Kosten für Wasser & Strom (nach Verbrauch)
- Lohnkosten für die Pflege der Anlage (wenn angefallen)
*Was genau in welchen Fällen gezahlt werden muss, erfahren Sie bei Ihrem Vorstand.
Abschließend
Für ein harmonisches und gerechtes Miteinander können wir uns zum Glück auf das BKleingG und die Satzung berufen. Das sichert allen Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern eine angenehme Nachbarschaft zu und ermöglicht auch weiterhin ein sozialverträgliches Kleingartenwesen.
Autor:
Rolf Rosendahl
Vorsitzender des Landesverbandes Westfalen und Lippe der Kleingärtner e.V.